sobota, 28 lutego 2009

polska nowoczesna

warszawa ist unglaublich modern. vor allem im zentrum, rund um die ul. nowy świat. hier tobt das leben, hier ist die weltstadt warschau. das bistro sketch in der ul. foksal hat englischsprechendes empfangspersonal und zeichnet sich durch eine gekonnt misslungene mischung aus antike und moderne aus. reste von den stuck an den decken, dazu minimalistische kronleuchter, viereckige holztische und ikea-plastikstuehle in orange und weiss. die theke ist in schwarz-rot-weiss gehalten, die toiletten wieder in orange, mit waschbecken, deren form wohl korallen nachempfunden sein soll. auf den flachbildschirmen laeuft lautlos das skispringen auf europsort, die musikalische untermalung besteht aus remixes. an den tischen ein paar paare im mittleren alter, ein paar herren beim bier aus aller welt, und ein paar aufgehuebschte polnische maedchen, die abwechselnd an ihrem dekollete und an ihrem salat zupfen. der kaffee kommt mit zucker, suessstoff, schokolade und einem werbesticker in einer kleinen braunen papiertuete - so aehnlich wie die take-away-tueten bei mac donald's. zusammen mit der rechnung gibt es zwei kaugummis.
ich bezahle, am nebentisch schmeisst die bedienung die getraenke vom tablett, zum glueck in der flasche. ich frage mich, wie ich hierher gekommen bin. und was ich hier verloren habe.

czwartek, 26 lutego 2009

słowo o wierze

neben der eingangstuer zum erasmus-buero hing irgendwann mal ein feuerloescher. nur die halterung ist noch da. ueber der tuer haengt ein kreuz. vielleicht hilft das im zweifelsfall ja genauso gut.

środa, 25 lutego 2009

pamiątki z innych czasów

sprache hat ein unglaublich gutes gedaechtnis. und woerter sind alles andere als unschuldig. auch wenn man das manchmal gerne vergisst, es wird einem immer wieder vor augen gefuehrt. gleichschaltować zum beispiel. oder zakapować.

wtorek, 24 lutego 2009

pożegnanie z herą

polen ist ein land der verbote. wohnheime sind besonders verboten - nicht nur wegen der ueberwachungskamera im flur. in der hera haengen die wichtigsten anweisungen und verbote auf polnisch, englisch und russisch aus. das kommt der europatauglichen mehrsprachigkeit schon ziemlich nahe. die wichtigsten verbote, das sind: dass das toilettenpapier in die toilette zu werfen ist, dass sich beim duschen der gesamte duschvorhang im duschbecken zu befinden hat, und dass die lebensmittel im kuehlschrank mit der jeweiligen zimmernummer versehen sein muessen, weil sie andererseits entsorgt werden. dass zigaretten in den aschenbechern auszudruecken sind und nicht an den waenden oder im teppichboden - wegen der feuergefahr - davon erfahren die russischsprachigen bewohner der hera nichts, ebensowenig wie von der muelltrennung oder der nachtruhe ab 22.00 uhr. das allerwichtigste verbot, ausgehaengt direkt an der eingangstuer, ist sogar nur auf polnisch zu haben: zakaz zorganizowania imprez na terenie ds uw.

die deutschen im dritten stock, hoere ich, feiern jede nacht. aber ich ziehe jetzt aus. meine party steigt ab jetzt woanders.

słowo o kryzysu gospodarczym

die zeitungen bringen jeden tag eine neue schlagzeile zu den juengsten entwicklungen im kampf um den złoty. im bus sitzt mir ein junger mann gegenueber, in den haenden eine blaue aktenmappe. auf der mappe steht: akademia liderów rynku kapitałowego im. lesława a. pagi. dass der sich noch auf die strasse traut! aber wenn man damit unbeschadet durch die oeffentlichkeit kommt, dann kann das alles so schlimm ja gar nicht sein.

spotkania międzynarodowe

eine franzoesin, nachts auf der strasse, mit einer wodkaflasche im arm.
- excuse me, can you help me, i'm totally lost. i'm looking for ulica sienna 79 and i can't find it anywhere.
- there is an arrow indicating in which direction the numbers go up. so i think you just have to cross the big street overthere and then go on.
- okay. thank you!
- you're welcome. i hope you'll find it. and have fun!
- be sure i will!

ein weissrusse, im foyer der hera.
- hey, can i ask you something, i saw you in the computer-room in the university today, do you know how you can use usb-sticks there?
- no, sorry, i didn't try that yet.
- cause you know, i had three usb-sticks and the server didn't recognize them.
- sorry, i don't know. you could ask the lady at the front-desk.
- oh no, not that lady. she knows nothing.
- well, you could ask the admin, he should know.
- yes, but he is kind of crazy... but do you know how the wireless-lan at the university works...?

ein georgier, im polnisch-sprachkurs.
- niemcy zawsze wyglądają jak bezdomni.
- no własnie.
- przepraszam. myślałem o faszyscy.

ein italiener, abends im treppenhaus der hera.
- hey.
- hey.
- you speak english?
- yes.
- where are you from?
- germany. and you?
- italy. in which room do you live?

niedziela, 22 lutego 2009

raj futrzany

freitags finden die ereignisse der hochkultur statt. freitags geht man ins theater oder in die oper oder in die philharmonie. also werden freitag abend die pelzmaentel ausgefuehrt. waehrend des konzerts oder theaterstuecks werden sie in der garderobe verwahrt. es sind in erster linie weibliche pelzmaentel, die dort haengen. wahrscheinlich bekommt jede frau entweder zum 50. geburtstag oder zum 25. hochzeitstag - das kommt ungefaehr auf dasselbe heraus - von ihrem ehemann einen pelzmantel geschenkt, den sie auch im falle der scheidung behalten darf und der deshalb das ganze leben haelt. ich habe noch nie so viele pelzmaentel auf einmal gesehen. wer in polen ein akivist gegen die haltung von pelztieren werden moechte, der braucht nichts weiter als eine eintrittskarte in die philharmonie. der rest ergibt sich von ganz allein.

manchmal ueberlege ich, ob sich die kulturelle grenze zwischen westeuropa und osteuropa an der pelzmanteldichte feststellen liesse. immerhin, seitdem ich auch eine schwarze jacke habe, passe ich zumindest farblich perfekt ins strassenbild. alles, was mir noch fehlt, ist ein hut.

sobota, 21 lutego 2009

morze von claude debussy in der filharmonia narodowa

und auf einmal liegt warszawa am meer, die wogen brechen sich an den mauern der filharmonia narodowa, die sala koncertowa wird zum schiff, macht die leinen los und sticht auf dem wogenden seegang der streicherboegen in see... auf dem dirigentenpult steht der kapitaen und haelt das steuerrad zwischen zwei fingerspitzen, auf dass ihm wind und wellen gehorchen... nach dem konzert, draussen auf der strasse, liegt ein ganz leichter geruch von salz und algen in der luft.

tłusty czwartek

was in deutschland der 11.11. und sylvester sind, das ist in polen der tłusty czwartek: die gelegenheit des jahres, pfannkuchen zu essen. pfannkuchen heissen in polen pączki. der kanclerz des sejm hat in diesem jahr, so heisst es, 1000 pączki bestellt. im sejm sitzen 460 abgeordnete, und jeder von ihnen bekommt zwei. es bleiben 80 pączki fuer die uebrigen angestellten. komisch, dass im sejm ausser den abgeordneten nur noch 80 personen arbeiten.
die normalen polen freilich muessen ihre pączki selber kaufen. und am tłusty czwartek gibt es sie ueberall. freilich sind pączki nicht gleich pączki, und manche baeckereien sind beliebter als andere. vor bestimmten baeckereien stehen die leute schlange wie in den zeiten des kommunismus. die schlangen wandern im verlauf des tages: vom fruehen morgen bis in den nachmittag stehen die leute vor a. blikle in der nowy świat - "pączek znany w calej polsce", sagt die eigenwerbung. abends wartet dann eine erheblich laengere schlange vor der cukiernia pawłowicz in der chmielna. gegen sieben uhr ist sie an die 30 meter lang. am hinteren ende stehen die leute und telefonieren, dass es leider etwas spaeter wird, weil so anstehen muessen. am vorderen ende tragen die menschen grosse pakete nach hause.
ich frage mich, ob irgendjemand die gesamtzahl der jedes jahr am tłusty czwartek verkauften und verspeisten pfannkuchen kennt. tyle pączek. koszmar.

piątek, 20 lutego 2009

są też niemcy

nachts um halb drei treffe ich bjoern vor der eingangstuer zum wohnheim. nach ein paar saetzen auf englisch stellen wir fest, dass wir auch deutsch miteinander reden koennen. bjoern ist schon seit einem halben jahr in warschau, hat ein einzelzimmer in der hera, fuehlt sich inzwischen richtig wohl hier und weiss, wo die besten parties laufen. ich biete ihm eine zigarette an, aber bjoern ist nichtraucher, er bietet mir ein bier an, aber dann faellt ihm ein, dass er doch keins mehr im kuehlschrank hat. ich habe sonst nur noch kaffee anzubieten, also mache ich bjoern einen kaffee. du hast da rotweinflecke auf dem pullover, sage ich. nein, das ist fruchtsaft, sagt bjoern. muss ja eine tolle party gewesen sein.

drei tage spaeter treffe ich bjoern wieder. er laedt mich auf eine party ein. ich gehe lieber nicht hin.

czwartek, 19 lutego 2009

pierwsza lekcja kursu językowego na poziomie c jeden

zawsze w życiu mamy sytuacje w których jesteśmy egzaminowane. i jest to dobrze. ale w jaki w sposób zdawać egzamin, na przykład egzamin z języka polskiego? według metody czterech zet:
zapamiętać
zdać
zapomnieć
zapić

hera reloaded

morgens um neun steht der putzwagen irgendwo auf dem flur, daneben der staubsauger, die zwei verlaengerungskabel ringeln sich bis um die naechste ecke. die sechs putzfrauen sitzen auf der treppe und rauchen. alle in ihren gestreiften kitteln, die blaue schuerze ueber die knie gezogen, jede mit einer tasse kaffee. es geht um das rauchverbot an haltestellen und oeffentlichen plaetzen, das wieder zurueckgenommen wurde. von ihnen haette sich sowieso keine dran gehalten. ich stelle mich mit meinem kaffee und meiner zigarette dazu. dzień dobry, sage ich. dzień dobry, sagen die putzfrauen. ale nie przeszkadzam? frage ich. nie, sagt eine der putzfrauen, witamy w klubie.

abends unterhalte ich mich auf dem flur mit einem armenier. wir reden ueber wohnheime. to nie jest taki dobry akademik, sagt er. tak jak sowiecki hotel.

środa, 18 lutego 2009

polska poezja dla pokrzepienia serc

was faengt man an in einer stadt, die man ueberhaupt nicht kennt? man verhaelt sich wie ein guter tourist und sammelt eintrittskarten. eintrittskarten zu museen, aussichtsterassen, kirchen und allem, was einem ueber den weg laeuft. und so stehe ich in der krypta der bazylika archikatedralna unversehens vor dem grab von henryk sienkiewicz, dem grossen polnischen nationaldichter. ein erhebender augenblick, und ich bin ueberhaupt nicht darauf vorbereitet. ich habe keine blumen dabei, und man kann auch nirgendwo kerzen anzuenden.
henryk sienkiewicz bekommt den schoensten hofknicks, den ich zustandebringe.

martwa natura z homarem

jeden samstag ist der eintritt ins muzeum narodowe umsonst. also gehe ich am samstag ins muzeum narodowe. am eingang eine sicherheitskontrolle wie auf dem flughafen. die angestellten an der garderobe und in den einzelnen saelen haben alle dieselben blauen uniformen an. je juenger die angestellte, desto kuerzer der rock.
ich habe selten ein so unuebersichtliches museum gesehen. jeder maezen bekommt seine eigene galerie. die europaeische kunst liegt einsam und verlassen: lauter zweitklassige schinken von unbekannten malern, die man sich unter anderen umstaenden nicht freiwillig ansehen wuerde. martwa natura z ostrygami, owocami i ciastkami oder doch lieber walka psa z czaplą? die polnische malerei ist schon besser besucht. dort finden auch fuehrungen statt, es gibt sogar ein paar baenke. und wo sitzen die polen dann alle? bei matejko. vor dem wandfuellenden gemaelde der schlacht von grunwald.

postępy językowe

marta mówi że już nie mam akzenta. mam akzenczyk.

wtorek, 17 lutego 2009

walentyńki

die ganze stadt ist voller luftballons, tulpen und rosa herzen. ueberall valentinstags-parties, ueberall paerchen mit geschenken und blumenstraeussen. und ich sitze am 14.02. nachts um zwoelf mit einem deutschen kommilitonen bei mc donald's mit frytki, kamemberki und pikantny kurczakburger. und es gibt nicht einmal wodka.

chcę do domu.

aber nach hause muss ich laufen. die nachtbusse fahren woanders lang. unterwegs treffe ich eine frau mit piratenhut und eine schwarze katze. die katze kommt unbeschadet ueber die aleje ujazdowskie. was mit der frau passiert, weiss ich nicht.

sobota, 14 lutego 2009

śmieci

ich habe die muellschlucker gefunden. die abfalltrennung funktioniert hier folgendermassen: getrennt wird zwischen glaspapierplastikdosen und abfall. es gibt also restmuell und alles andere. die muelltrennung wurde in polen am 1. april 2007 eingefuehrt.

warszawa centralna

warszawa centralna ist ein sehr sehr dunkler untergrundbahnhof. tief schwarz und wirklich underground. man findet schwer hinein und schwer wieder hinaus. am oberen ende der rolltreppe steht ein mann und murmelt: taxi. taxi. genauso bieten die dealer in der hasenheide haschisch an. bisher hatte ich taxifahren in polen fuer weitgehend gefahrlos gehalten. jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. moeglicherweise ist es gar nicht legal. ueber einem ausgang sehe ich das blaue hinweisschild: taxi. ich gehe erstmal in die andere richtung.

vor dem eingang des bahnhofs stehen mindestens zwanzig taxis. alle erreichbar unter der nummer 6444444 und alle amtlich empfohlen fuer die personenbefoerderung . mein taxi ist ein mercedes kombi mit schwarzer lederinnenausstattung. am rueckspiegel haengen zwei wunderbaeume, ebenfalls in schwarz. auch der fahrer traegt schwarz. die fahrt in die belwederska dauert bei 60 bis 70 km/h keine fuenf minuten. ah - taka hera, sagt der fahrer, als er vor dem wohnheim haelt. dafuer haette er eigentlich kein trinkgeld verdient.

piątek, 13 lutego 2009

belwederska ecke spacerowa

mein wohnheim ist in der ulica belwederska ecke spacerowa. gleich nebenan sind die łazienki królewskie, die koeniglichen baeder. das alles klingt sehr nach neoklassizismus vor den toren der hauptstadt und sieht auch so aus. nun bewohne ich den verblichenen hotelcharme der jahrhundertwende. jedenfalls kommt es mir in guten momenten so vor. in schlechten momenten muss ich eher an psychiatrie denken. lange, immer gleich aussehende fluren, von denen rechts und links weisse tueren abgehen. auf jeder tuer nichts ausser einer nummer. links am ende des ganges ist ein raum mit zwei kuehlschraenken, rechts einer mit drei herdplatten. dazwischen sind noch irgendwo die duschen. alles wirkt ein wenig trostlos. manchmal verlaufe ich mich. der teppich auf dem fussboden ist bestenfalls psychedelisch, im grunde aber geschmacklos. ein paradies fuer hausstauballergiker.

ich wohne im zweiten stock, genau auf augenhoehe mit den strassenlaternen. die strassenlaterne vor meinem fenster scheint auf eine der ausfallstrassen warszawas. dass das wohnheim verkehrsguenstig gelegen ist, kann man hoeren. nachts stelle ich mir vor, dass sich verkehrslaerm fast genauso schoen anhoert wie meeresrauschen und dass ich wunderbar schlafen und noch wunderbarere dinge traeumen werde.

das hotel hyatt direkt gegenueber hat fuenf sterne.

david bowie po polsku

warszawa ist tatsaechlich so wie in dem song von david bowie - alles ist grau, auf den stromleitungen sitzen schwarze voegel, und sogar die strassenbahnen quietschen in g-moll. der himmel haengt so tief, dass die spitzen der hochhaeuser in den wolken verschwinden. in einem paralleluniversum ist warszawa das paris des ostens. nachts bekommt man eine ahnung davon, wie das waere: nachts hat die stadt auf einmal farben. aber irgendetwas hat mit der wahrscheinlichkeitsrechnung nicht funktioniert, und deshalb ist warszawa nur ein kleineres moskau des westens.