der heimliche staatsfeiertag polens ist der fuenfzehnte august. eigentlich ist das nur mariae himmelfahrt, also eine rein christlich-kirchliche angelegenheit. jedoch sehen experten und kenner der landeskunde in diesem datum den grund fuer die endlos langen polnischen sommerferien: damit es auch die langsamte und fusslahmste pilgergruppe es in den sechs wochen anfang juli bis mitte august garantiert bis nach jasna góra schaffte, eine woche beten und sich erholen konnte und anschliessen wieder nach hause kam.
also eigentlich nur mariae himmelfahrt. aber irgendetwas war immer los an diesem tag. letztes jahr gab madonna genau an diesem tag ein konzert in warschau, das fuer helle aufregung sorgte. saemtliche pressemenschen druckten die skandaloese und religioes anruechige saengerin in den entsprechenden posen auf die titelseiten ihrer zeitungen, und konservativ-bodenstaendige gebetskreise riefen zu oeffentlichen protest-rosenkraenzen gegen die desavouierung der gebenedeiten jungfrau auf. die polen gingen, relativ unbeeindruckt, morgens in die kirche und abends zum konzert.
dieses jahr fiel der hoehepunkt der alljaehrlichen pilgerwelle zusammen mit dem neunzigsten jubilaeum der schlacht vor warschau, dem entscheidenden wendepunkt des polnisch-bolschewistischen krieges, auch das "wunder an der weichsel" genannt. sonst nur bekannt aus der unendlich langen ansage einer strassenbahnhaltestelle - strasse der schlacht von warschau im jahre neunzehnhundertzwanzig - schaffte es dieses ereignis ploetzlich auf den dritten platz der wichtigsten jahrestage im jahre 2010, hinter der schlacht von grunwald und den verbrechen von katyń, aber wohlgemerkt vor dem 200. geburtstag von fryderyk chopin. und so wurde die traditionellle festmeile, der plac piłsudskiego, wieder einmal herausgeputzt mit buehne und tribuene, transparent und altar, und am sonntag versammelten sich regierung und wuerdentraeger und illustre gesellschaft vor den augen des zahlreichen publikums, erwaehnte der praesident in seiner festrede saemtliche militaerischen fuehrer jener schlacht von geradezu zeitenwendender bedeutung... denn: was waere wenn... fragten die feuilletonisten und reporter, was waere wenn... die marszałek piłsudski den zug der bolschewiken gen westen nicht vor den toren warschaus und dieser weichsel und oder ueberschritten haette und auf die doch immer noch revolutionaere stimmung im unzerstoerten, aber doch ausgebluteten nachkriegsdeutschland zu stossen, was waere wenn... liessen sich die historiker fragen und gaben beredte szenarien zu protokoll einer sozialistischen polnischen sowjetrepublik und einer udssr bis an die atlantische kueste, was waere wenn... war fast nicht auszudenken... doch war es anders gekommen, und deshalb fanden sich nun heute die polnische staats- und kulturelite zusammen zu tusch und rede und fuenfzehn mal salutschuss aus historischer kanone. staatsfeiertag.
(es gab, so hiess es, zwei tote. aeltere frauen, die hitze und kriegserinnerung zusammen nicht vertrugen.)
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zur hitliste der polnischen jahrestage 2010 vergleiche:
OdpowiedzUsuńhttp://historycy.pl/index.php?option=com_poll&id=16:ktora-z-wielkich-rocznic-