unser block hatte siebzehn etagen und auf jeder etage zwoelf wohnungen. auf jeder seite in jedem stockwerk waren sechs balkons. zu jedem balkon gehoerte eine wohnung. machte einhundertzwei wohnungen auf jeder seites des hauses und einhundertzwei balkons. mindestens. vielleicht gab es auch noch wohnungen ohne balkon.
ich trat also auf den balkon und schaute mich nach meinen neuen nachbarn um. um zehn uhr morgens. um kurz nach zwoelf. um halb zwei uhr und halb vier uhr nachmittags und noch einmal abends um sieben. ich sah niemanden. es schien sehr schwierig zu sein, seine nachbarn auf dem balkon zu treffen. mit den balkons verhielt es sich offenbar genau umgekehrt wie mit den geburtstagen: auch in einer kleinen gruppe von personen ist die wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass zwei von ihnen am gleichen tag geburtstag haben. aber auch bei einer sehr grossen anzahl von balkons ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich zu einer bestimmten zeit zwei bewohner gleichzeitig dort aufhalten.
in ermangelung meiner nachbarn schaute ich mir also ihre balkons genauer an, in der hoffnung, etwas ueber die herauszufinden, die dort wohnten. links neben mir: leer, nur manchmal ein waeschetrockner, an dem schon ein paar leinen fehlen. links neben mir: nadelbaeume in plastiktoepfen und kunstrasen. unter mir: ein aschenbecher, halb leer. links unten: ein aschenbecher, vollkommen ueberfuellt. rechts unten: waescheleinen, ein rosa kinderfahrrad und jede menge muschelschalen auf dem fensterbrett. noch weiter rechts: eine alte kommode, grau angestrichen. daneben: ein ikea-hocker und irgendetwas in plastiktueten verpacktes. links oben: zwei paar gummistiefel, ein eimer mit wandfarbe dazu noch jede menge weiteres undefinierbares baumaterial. noch weiter links: ein weinrotes haendehandtuch und eine aloe vera. rechts oben: ein hund. ich nahm keine notiz von ihm, irgendwann hoerte er auf zu bellen und verschwand schliesslich auch wieder.
natuerlich konnte ich nicht alle balkons sehen. ich sah nur einen begrenzten ausschnitt von der wirklichkeit. trotzdemm analysierte ich waeschestaender, aschenbecher, gruenpflanzen, bodenbelaege und formte in gedanken ein soziales mosaik. schliesslich traf ich doch noch einen nachbarn. er stand zwei balkone weiter, auch er mit einer zigarette in der hand. wir nickten uns unverbindlich zu. mein mosaik fiel still und leise in sich zusammen.
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moi nowi sąsiedzi: meine neuen nachbarn.
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