die tuer hinter sich zuziehen wie den deckel eines koffers, in den man den schlaf wegschliesst, und nicht abschied denken und nicht auf nimmerwiedersehen, und nicht zwischen zwei treppenstufen dem impuls nachgeben, den schluessel umzudrehen im schloss und abzuziehen und ueber die schulter nach hinten zuwerfen wie die muenze in den brunnen, kopf oder zahl, und so sich selbst jede moeglichkeit der rueckkehr zu verbauen - aber der vergleich hinkt... jeder vergleich hinkt an einem solchen morgen, denn koennte man sich tatsaechlich vorstellen, man waere allein auf erden, in einer stadt, die nicht nur schlaeft, sondern ausgeraubt und entvoelkert ist ueber nacht, koennte man sich tatsaechlich einreden, man bewege sich, zoegernd, geraeuschlos, wie auf katzenpfoten, durch die traumwelt eines kulissenlandes, das nur zufaellig berlin so taeuschend aehnlich sieht und wie verzaubert und verwunschen...
und wenn dann die in ziegelrot erstarrte ritterlichkeit all dieser ekelhaft neugotischen kirchen beruhigend in der dunkelheit verbleibt, kein kaiser mehr fuer deutschland und nie wieder kaiserwetter, wenn auch die nichtendenwollenden fronten des zentralflughafens tempelhof zurueckhaltend im schatten bleiben, so dass die adler an den mauerecken ihre herkunft nicht verraten, und die stadtautobahn tatsaechlich so grau und leer ist wie in den aufnahmen, die frueher auf fab liefen nach mitternacht in endlosschleifen, ewig gleiche bruecken kurven auf- und abfahrten hinweisschilder laermschutzwaende und immer wieder der tachometer mit der nadel auf achtzig, auf achtzig, mein gott, was waren das fuer zeiten - muss man sich doch wieder einmal fragen, ob berlin nun wirklich das gelobte land ist, das paradies auf erden und die zukunftsmusik mit pauken und trompeten, oder doch nur der underdog, das schmuddelkind unter den deutschen grossstaedten mit vollen arbeitsaemtern und leeren kassen und jeder menge lebensentwuerfe, wenn ich gross bin werde ich, die immer exposé und szenario bleiben werden, diese hauptstadt der hochstapler, freier markt und freie liebe, und was sie eben alles predigen in einer freitagnacht, wenn keiner mehr zuhoert - du bist verrueckt, mein kind, du musst nach berlin... und alles, was dann bleibt, ist ein koffer in irgendeiner abstellkammer hinterm flur, ein koffer wie ein klotz am bein.
so zieht man den mantel enger um die schultern, wie die vorstellung als kind, man koenne sich in einen mantel, einen kokon aus schweigen huellen und mit sich tragen durch die gewoehnliche welt eines winterabends, so scheint auch jetzt ein unsichtbarer kokon aus nachttrunkener traumverlorenheit niederzusinken auf genick und rueckgrat, wenn nach einem naechtlichen regenschauer die spurrillen im licht der strassenlaternen so verraeterisch-verfuehrend leuchten wie allzu bekannte, allzu eingefahrene gleise, denen man aber folgen kann, blind und blindlings, ohne einen einzigen gedanken an die selbstvergessenen gewissheiten von frueher, die nach und nach alle vorbeiziehen, so jung kommen wir nicht mehr zusammen, trugbild auf trugbild, was war und was haette sein koennen, und man verfaengt sich in ihnen, in all diesen unbeantwortbaren fragen, all diese kleinen unbemerkten weichenstellungen, it's like that and that the way it is, wo doch wirklich alles ganz anders haette sein koennen, da bleibt kaum mehr als ein schulterzucken, doch wieder einmal steht man auf verlorenem posten und weiss schon, dieses "was waere wenn" wird einem die ganze fahrt im nacken sitzen...
und wenn dann am horizont endlich eine spaete wintersonne zu sehen ist und ausser frage steht, dass nun tag geworden ist und keine schuetzende nacht ewig dauert, und wie das fallbeil eines urteilsspruch der gedanke in den hinterkopf faellt, dass man nur reist, wenn man ein ziel hat, und dieses ziel unausweichlich erreichen muss, auch nach dieser reise, und wenn dann in den ersten verlogen roetlich-warmen sonnenstrahlen die oderbruecke unzweifelhaft die ueberschrittene grenze anzeigt, und wenn dann das bahnhofsgebaeude von kunowice in den blick tritt, dieses ruehrende symbol der sozialistischen mission in der provinz: unser dorf soll schoener werden, und wenn doch nicht schoener, so wenigstens fortschrittlicher, neuzeitlicher, wenigstens einen hauch von m o d e r n, in jenem betonentwurf, der einen vordergruendigen eindruck von avantgarde mit den handfesten anforderungen der industriellen massenfertigung verbindet, das aber zumindest gekonnt, nur geblieben sind weder avantgarde noch fortschritt noch industrie, hier aussteigen, hier aussteigen und bleiben und bruecken die beim vormarsch brechen, fort, fort und kein blick zurueck, alle bruecken hinter sich einreissen und nur ein verlassenes bahnhofsgebaeude an einem toten gleis unter stehengebliebener uhr am rande der provinz, durchsichtig hinter ungeputzten scheiben, durchsichtig bis zu himmel und wolken und horizont, hier also aussteigen und endlich endlich einmal das tun, wovon man immer nur traeumt und was man niemals vollbringt: ankommen.
Subskrybuj:
Komentarze do posta (Atom)
jesienna podróż o swicie - ku wschodu: herbstreise im morgengrauen nach osten.
OdpowiedzUsuń