der winter war sehr gross. angefangen vom ersten wintereinbruch, der einen kaum zwei wochen nach ende eines langen spaetsommers ueberraschte und buchstaeblich paralysierte. die stadt stand still, und drei tage berichteten die zeitungen von nichts anderem als von steckengeblieben zuegen und ausgefallenen fluegen, kilometerlangen staus und den in stunden zu bemessenden wartezeiten an bushaltestellen: mitte oktober konnte niemand aus anlass des ersten schneefalls freude verspueren. aber wider erwarten kehrte der herbst noch einmal mit vergleichsweise milden temperaturen zurueck, es blieb sogar weitgehend trocken - man kann fast problemlos in turnschuhen durch den november und hatte damit wahrlich keinen grund zur klage. schliesslich kam der frost und mit ihm der schnee - mitte dezember wiederholte sich das szenario von mitte oktober: die ganze stadt, ja das ganze land stand still unter einer dicken weissen decke. wo schneefall, nebel und frost zusammentrafen, brach mit dem stromnetz das gesamte gesellschaftliche leben zusammen. wochenlang. das polnische stromleitungsnetz bestand die bewaehrungsprobe ebensowenig wie die westlichen energiekonzerne, die es haetten reparieren sollen. nur das weihnachtstauwetter machte eine mustergueltige ausnahme: von 23. bis 27. dezember kletterte das thermometer bestaendig immer hoeher und ueberquerte schliesslich sogar die magische grenze bei null grad. um danach freilich genauso bestaendig wieder zu fallen. sogar die weichsel fror zu - ein selten erlebtes, wundersames naturschauspiel. sehr bald gingen die streusalzvorraete zur neige, wer im unaufhoerlichen schneegestoeber einen schneepflug oder anderes raeumgeraet sichtete, galt als glueckskind. sonst repraesentative, breite buergersteige verkamen zu schmalen trampelpfaden, bald mangelte es an parkplaetzen aufgrund der ueberall sich auftuermenden schneeberge. ein zug von katowice nach gdynia brach den polnischen rekord mit 1025 minuten verspaetung. wochenlang zaehlten die zeitungen jeden tag aufs neue die in die millionen und milliarden gehenden złoty-betraege, die der winter gekostet hatte und noch kosten wuerde. die schneeraeumung freilich entpuppte sich auf einmal als bluehender wirtschaftszweig: die flachdaecher von supermaerkten wurden ebenso zur goldgrube wie die gefaehrlich anwachsenden eiszapfen an den dachfirsten von gruenderzeithaeusern. alltaegliche kurze wege wurdem zum spiessrutenlaufen. der buergermeister eines 300-seelen-dorfes brachte es zu landesweiter beruehmtheit aufgrund der tatsache, dass im kommunalen budget seit jahren kein einziger złoty fuer den winterdienst vorgesehen war: schliesslich, so die aussage des buergermeister, taue jeder schnee frueher oder spaeter von selbst. als sich die temperaturen nach wochenlangem stillstand schliesslich wieder langsam in die hoehe bewegten, tauchten die naechsten schreckgespenster auf. hochwasser. doch zumindest dieser kelch ging ungeleert vorueber, die fluesse blieben in ihren betten, und langsam aber sicher verschwand auch der letzte schnee. ein allgemeines aufatmen war zu spueren, als schliesslich doch ein schwacher gruener schimmer an den baeumen zu erkennen war und als doch noch die schon vergessen geglaubten krokusse zu bluehen begannen.
niemand bemerkte, dass die moewen vor dem fenster verschwunden waren. niemand bemerkte, dass zwischen all den zugvoegeln, die kamen, auch zugvoegel waren, die verschwanden.
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ptaki przylotne albo zapomniana strata: zugvoegel oder ein vergessener verlust.
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