spaeter kommt auch der irische reisegruppenleiter vorbei, er verteilt evaluationsboegen - private and confidential! steht auf dem umschlag - und informationsblaetter ueber warschau, auf einer din-a4-seite alles wichtige ueber die stadt: dass warschau eine flaeche von 200 square miles bedeckt - "oh my gosh!" sagt kate, und "oh my gosh!" denkt auch der europaeer, dem diese zahl so gar nichts sagt, erst langsam faengt sein gehirn an, laengst vergessene informationen zum umrechnungsverhaeltnis von meilen und kilometern hervorzuholen und eine ungefaehre vorstellung zu entwickeln, die in seinem weltbild mit sinn gefuellt ist, es wird schon stimmen - dass es die hauptstadt polens ist, daß es ueber eine altstadt, ein koenigsschloss und eine koenigliche parkanlage verfuegt, dass der name der stadt nicht uebersetzbar ist oder jedenfalls nicht mit einer bedeutung versehen, es folgt die legende von der so gar nicht mit andersons meerjungfrauen vergleichbaren syrena von warschau, die auch das wappen der stadt schmueckt, und dem hinweis, dass es zwei verschiedene aufstaende gegeben habe, naemlich 1943 den im getto und 1944 den groesseren in warschau selbst. der weitere reiseplan sieht krakau und prag vor, wie der reiseleiter erlaeutert, auf dem weg nach krakau wird auschwitz zu besichtigen sein: morgens sightseeing, nachmittags freizeit in krakau. krakau, ob das schindler's liste sei, fragt der uebergewichtige amerikaner, was bestaetigt wird. schindlers liste wuerde er gerne sehen, sagt der amerikaner weiter, an dem nachmittag sollte es nicht noch zusaetzliche programmpunkte geben. diese meinung scheint allgemein anklang zu finden und wird also so zu den akten genommen, worauf der reiseleiter das abteil verlaesst, um auch den uebrigen teilnehmern der reisegruppe den neuesten planungsstand mitzuteilen. nun kommt wieder einmal der 13-jaehrige adam ins abteil, der sechste platz ist ja gerade frei geworden. ob der zug elektrisch betrieben sei, wird nun gefragt, was der fall ist. davon koennten die amerikaner nur traeumen, elektrifizierte eisenbahnlinien kreuz und quer durch das land, der klimawandel, und inlandsflugverbindungen waeren heutzutage ja vollkommen hirnrissig. amerika muesste da noch viel lernen, amerika muesste ueberhaupt endlich erwachsen werden - an dieser stelle schuettelt das gute, alte europa nur weise sein ergrautes haupt und schweigt bedaechtig - aber bush und seine kollegen haben das land nun gerade wieder einmal acht jahre zurueckgeworfen. also eisenbahnlinien oder auch strassenbahnen in den staedten, nur der 13-jaehrige adam moechte lieber ubahnen haben, am besten auch fuer fernverbindungen, wenigstens ein hauch von fortschritt und technikglaeubigkeit, ubahnlinien kreuz und quer durch das land und natuerlich elektrifiziert. und ja, die strecke sei nicht mit diesel betrieben, antwortet adam auf die frage der 72-jaehrigen helen simon, das koenne man an den strommasten sehen. eisenbahnen sind also gut und fortschrittlich, bio-produkte aber ueberhaupt nicht, das sei alles ein einziger betrug und die verkaeuferin im supermarkt haette selbst zugegeben, dass die erdbeerpackungen einfach nur umetikettiert wuerden. wo man nun also schon halb bei politik ist, scheint die frage nach obama angemessen, wenn europaeer auf amerikaner treffen, steht ja immer die frage im raum, wie man es denn nun mit obama haelt. begeistert waeren sie gewesen in michigan, ein wundervoller tag sei das gewesen, helen simon war sogar auf wolke neun an dem tag, als obama praesident wurde, und das als afroamerikaner, und wo doch sonst diskriminierung immer noch nach hautfarbe, geschlecht und behinderung funktioniert, und erst wenn eine schwarze frau im rollstuhl vorstandsvorsitzende eines großen konzerns werden koenne, waere die welt in dieser hinsicht in ordnung... aber obama ist vielleicht ein erster schritt in diese richtung, und die amerikaner hoeren gerne, dass ihr neuer praesident auch in europa seine zahlreichen anhaenger und befuerwoerter hat, die grosse hoffnungen auf ihn setzen, man koennte sich ja vielleicht mal treffen auf wolke neun. natuerlich haette er es nicht leicht, aber in einem jahr saemtliche versaeumnisse der letzten acht jahre aufzuholen und all die suppenteller auszuloeffeln, die bush und kollegen dem land eingebrockt haben, das sei bei lichte betrachtet zuviel verlangt... von der politik wandern die gespraeche wieder zu den familiengeschichten, wie die großmutter heimlich die naehmaschine verkaufte, wichtigster besitz und einkommensquelle der familie, um der tochter die ueberfahrt nach amerika zu bezahlen, um deren auskommen sie fuerchtete, denn geerbt hatten nur die soehne, oder wie der alkoholabhaengige vater, der das monatsgehalt in einer nacht versoff und bei der heimkehr am fruehen morgen in seinem alkoholischen stupor beschloss, seine fuenf kinder zu erschiessen waere die loesung aller probleme, worauf die mutter das gewehr auseinandernahm und jedem der fuenf kinder einen teil davon gab, das dieses in seinem allergeheimsten versteck zurueckliess, am naechsten morgen ernuechtert konnte der vater sein gewehr nicht finden, war aber auch nicht in der lage, sich an irgendetwas zu erinnern, und die kinder hielten stand und schwiegen und hueteten ihre verstecke - und irgendwie waren sie doch alle nach amerika gekommen, damals in den 30er jahren, als sechs dollar im monat noch viel miete waren fuer ein ganzes farmhaus irgendwo in michigan und nicht einmal die billigste...
in warschau laesst man sich dann den rucksack vom gepaeckgitter reichen - don't harm helen! die aber unter den groessten koffern sitzt - ueberlaesst die reisegruppe ihrem irischen reiseleiter, der sich um bus, hotel, wechselstube und mittagessen kuemmern wird, sucht ein gepaeckfach und einen coffeeshop und hat es ueberhaupt sehr eilig: der freiberufler auf dem weg zur arbeit - in der tasche einen schokoriegel der marke quaker, importiert aus michigan/amerika, wo es genauso aussieht wie irgendwo in brandenburg an der bahnstrecke zwischen berlin und frankfurt oder.
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