es war ein freitag nachmittag, als ich beschloss, mein glueck in der stadtteilbibliothek zu versuchen. auf dem weg dorthin kam ich an einer praxis fuer plastische und schoenheitschirurgie sowie an einer anwaltskanzlei vorbei. dann trat ich durch eine automatische tuer und trat an den schalter, auf dem austauch von benutzerkarten stand. was noetwendig und was zu tun waere, um einen bibliotheksausweis zu erhalten, fragte ich die frau dahinter. einen personalausweis, war die antwort. ich reichte meinen personalausweis ueber die theke, mit einem verlegenen laecheln, denn ich wusste, dass mir etwas ganz entscheidendes fehlte: eine ganze bestimmte nummer in einem ganz bestimmten format, die ich niemals erhalten wuerde auf meinem deutschen personalausweis, auch wenn ich mir jedes jahr einen neuen ausfertigen lassen wuerde - der pesel. eine ganz unscheinbare nummer, scheinbar zufaellig ausgewaehlt und zusammengestellt, ohne die das leben aber unverhaeltnismaessig schwieriger wurde: kein bankkonto, kein arzttermin, kein zeitungsabonnament, oder jedenfalls nur nach langen, zaehen verhandlungen. mir sei bewusst, dass mir der pesel fehlte, nur wuesste ich nicht, wo ich ihn hernehmen solle, sagte ich zu der frau, die meinen personalausweis entgegennahm. sie nickte. normalerweise sei der pesel unerlaesslich fuer die ausstellung eines bibliotheksausweises, das wuerde sie dann aber nachher aendern, sagte sie und reichte mir ein formular, auf dem ich geburtstag, anschrift und emailadresse eintrug. die frau griff den obersten ausweis von einem vorbereiteten stapel, scannte den strichcode ein und reichte ihn mir dann ueber die theke. eine kleine eule grinste mich freundlich an. ich koenne ab sofort ausleihen, sagte die frau, auch in der stadtteilhauptbibliothek, nur muesste ich dann noch einmal dasselbe formular ausfuellen. ob ich etwas bestimmtes suche? ich nickte: leopold tyrmands tagebuch aus dem jahr 1954. die frau suchte im computer. einen moment, sagte sie dann, ich hole es ihnen. ich nahm mein buch in empfang und dankte ihr so hoeflich ich nur irgend konnte. ich hatte keine sieben minuten in der bibliothek verbracht. und ich war mir sicher, diese bibliothekarin hatte noch nie in ihrem leben von so etwas wie leihscheinen gehoert.
ein paar tage spaeter erzaehlte ich einer bekannten, dass ich jetzt sogar einen bibliotheksausweis besaesse, und das ganz ohne pesel. jakimś cudem? entruestete sich meine bekannte. ob ich wuesste, dass alle polnischen staatsbuerger, die nicht in warschau als einwohner gemeldet seien, sondern nur in einem der warschauer vororte, nie in ihrem leben einen benutzerausweis einer solchen stadtteilbibliothek erhalten wuerden? ich schuettelte den kopf. manchmal war es offenbar doch von vorteil, keinen pesel zu besitzen.
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powszechny elektroniczny system ewidencji ludności albo cud nad wisłą: allgemeines elektronisches system zur erfassung der bevoelkerung oder das wunder an der weichsel.
OdpowiedzUsuńpesel: erfassungsnummer in eben diesem system.
jakimś cudem?: durch welches wunder?
cud nad wisłą/das wunder an der weichsel: eigentlich die verteididung warschaus gegen die rote armee im polnisch-sowjetischen krieg durch marschall piłsudski im august 1920.
OdpowiedzUsuń