was einmal die warschauer bruecke war, erinnerte nun an ein riesiges fluechtlingslager voller displaced persons. es herrschte ein unendliches fremdlaendisches stimmengewirr wie beim turmbau von babel, und es stroemten immer noch mehr menschen dazu, als waere dies die bruecke ins paradies, die einzige freilich, die einzige von all den bruecken der stadt.
die anzeige zugverspaetung hoerte gar nicht mehr auf zu blinken, aber die ubahnen fuhren. wer haette gedacht, dass in der silvesternacht tatsaechlich leere ubahnzuege zu finden waren. aber es gab sie, in einem zeitfenster von 23.50 uhr bis 00.10 uhr. waehrend das alte jahr ohrenbetaeubend zuende ging, fuhr die ubahn langsam und unauffaellig durch geisterhaft leere bahnhoefe. am kottbusser tor war schluss. das neue jahr begann mit dem klirren vom glas einer sektflasche, die auf einen ubahnzug geworfen wird. der erste mensch, der mir ein frohes neues jahr wuenschte, war ein bvg-fahrgast. er tat es noch beilaeufiger, als ich es ueberhaupt fuer moeglich gehalten haette, als wuerde es nun ja auch keinen unterschied mehr machen. irgendwann fuhr die ubahn doch wieder, die bahnhoefe waren immer noch gespenstisch leer. der zweite mensch, der mir ein frohes neues jahr wuenschte, war ein student in meinem alter am halleschen tor. wetten wir auf ein bier, wohin den pfandflaschensammler sein erster weg in diesem jahr fuehren wird, schlug er vor. zum naechsten papierklorb, sagte ich. zum naechsten discounter, sagte der student. wir trennten uns unentschieden. niemand wuenschte dem pfandflaschensammler ein frohes neues jahr. aber fuer diesen tag hatte er ausgesorgt. das neue jahr fing nicht sehr vielversprechend an, dachte ich, aber waren nicht aller guten dinge immer drei? also noch ein versuch. auf der verlassenen, verschneiten gruenanlage vor der amerika-gedenk-bibliothek sass ein mann alleine auf einer parkbank und schaute das feuerwerk auf der anderen seite der hochbahn an. er hob nur schweigend die hand, als ich vorbeiging. das war also der dritte mensch, der mir ein frohes neues jahr wuenschte. bist du der prinz? haette ich gerne gefragt. geschieht ein wunder, wenn ich dich kuesse? aber ich hob nur schweigend die hand und ging weiter.
in der zossener strasse an der ecke der friedhofsmauer begann dann das, was ich bisher nur von weitem oder hinter den schuetzenden scheiben der ubahn gesehen und gehoert hatte. die strassenschlachten, die buergerkriegsaehnlichen zustaende. ich sah im geiste schon die schlagzeilen mit drama, tragoedie und opferzahlen, dazu die bilder eines ausgebrannten bmw und die geborstenen, blutbeschmierten scheiben des piano-geschaefts. dann aber sagte ich mir, es sei alles nur sache der willenskraft und der ueberzeugung, und wenn mir auf den naechsten fuenfhundert metern nichts passierte, so bedeutete dies, dass mir auch das rechtliche jahr nichts passieren wuerde. einen fuss vor den anderen setzend stellte ich mich vor, dass die aura meiner gedanken sich wie ein kokon um mich legten, an dem feuerwerkskoerper, gasgeschosse und explodierende autos unterschiedslos abprallten. es gelang.
an der ecke zur bergmannstrasse brannte eine wohnung im vierten stock, ab und zu blieb jemand stehen vor dem haus und schaute hinauf. tischfeuerwerk, sagte einer der passanten. in der ferne war eine feuerwehrsirene zu hoeren, also hielt ich mich nicht weiter auf, sondern setzte meinen weg fort. und dann war ich endlich auf der party, es war laut, es war voll, man wuenschte mir ein frohes neues, drueckte mir ein glas sekt und ein paar luftschlangen in die hand, irgendjemand bot mir sogar einen stuhl an. ich ging nach hause, als der boden sich in eine klebrige seenlandschaft zu verwandeln begann und jemand den vogelspinnen pizza ins aquarium legte. es war wieder einmal ueberstanden, selbst die ubahnen fuhren schon wieder puenktlich. am naechsten morgen hoerte ich im radio, dass die silvesternacht diesmal aussergewoehnlich ruhig verlaufen sei.
drachenblutbad light.
czwartek, 31 grudnia 2009
środa, 30 grudnia 2009
podróż ku końcu roku
am fahrkartenschalter stand eine gruppe russen, die noch heute nach odessa wollten. was heisst hier so ungefaehr um halb acht? sechs uhr fuenfunddreissig faehrt der! blaffte die kassiererin hinter der scheibe, als ich an der reihe war. nach dem fahrplanwechsel ging der erste zug also eine stunde frueher. ich zuckte die schultern und bestellte trotzdem einen fensterplatz im abteil, da war nichts zu machen. der bus am naechsten morgen war puenktlich, ebenso die strassenbahn, es blieb zeit fuer einen kaffee. kleingeld! ich geb nicht raus! fuhr mich die bedienung an, als ich zwei zehnerscheine auf den tresen legte. auch da war nichts zu machen, ich hatte keine muenzen. aber nun war ich wach. der kaffee war viel zu heiss.
der mann, der mir gegenueber sass, musterte mich neugierig. ich packte den computer aus und fing an zu schreiben. ich solle eine groessere schrift verwenden, sagte der mann, ich wuerde mir die augen verderben. ich wies auf meine brille und erwiderte, sie seien schon verdorben. er begann sofort ein gespraech. ich antwortete etwas widerwillig, aber hoeflich. ein gewisser fremder akzent fiele ihm auf, sagte der mann. das koenne schon sein, antwortete ich, so etwas komme vor. ich lieh ihm meine zeitung, nach der er fragte, und war dankbar, als er das abteil in richtung speisewagen verliess.
der schaffner sprach bis poznań polnisch und deutsch, anschliessend nur noch polnisch. der deutsche schaffner dann ab frankfurt sprach nur noch deutsch, deutsch mit einem sehr starken einschlag, der freilich nicht auf einer regionalen herkunft, sondern aus sozialer praegung, milieu und vor allem sexueller orientierung beruhte. das fiel allen fahrgaesten auf, auch dem mann, der inzwischen aus dem speisewagen zurueckgekehrt war. warum spricht er so komisch? wandte der mann sich an mich. ich sah nicht ein, warum ich darueber besondere kenntnisse haben sollte. wo kommt er her? fragte der mann weiter. ich weiss es nicht, gab ich zur antwort. kommt er vielleicht aus sachsen? ueberlegte der mann. da fuehlte ich mich nun doch bemuessigt, zu antworten. nein, sagte ich, aus sachsen kommt er ganz sicher nicht.
der mann, der mir gegenueber sass, musterte mich neugierig. ich packte den computer aus und fing an zu schreiben. ich solle eine groessere schrift verwenden, sagte der mann, ich wuerde mir die augen verderben. ich wies auf meine brille und erwiderte, sie seien schon verdorben. er begann sofort ein gespraech. ich antwortete etwas widerwillig, aber hoeflich. ein gewisser fremder akzent fiele ihm auf, sagte der mann. das koenne schon sein, antwortete ich, so etwas komme vor. ich lieh ihm meine zeitung, nach der er fragte, und war dankbar, als er das abteil in richtung speisewagen verliess.
der schaffner sprach bis poznań polnisch und deutsch, anschliessend nur noch polnisch. der deutsche schaffner dann ab frankfurt sprach nur noch deutsch, deutsch mit einem sehr starken einschlag, der freilich nicht auf einer regionalen herkunft, sondern aus sozialer praegung, milieu und vor allem sexueller orientierung beruhte. das fiel allen fahrgaesten auf, auch dem mann, der inzwischen aus dem speisewagen zurueckgekehrt war. warum spricht er so komisch? wandte der mann sich an mich. ich sah nicht ein, warum ich darueber besondere kenntnisse haben sollte. wo kommt er her? fragte der mann weiter. ich weiss es nicht, gab ich zur antwort. kommt er vielleicht aus sachsen? ueberlegte der mann. da fuehlte ich mich nun doch bemuessigt, zu antworten. nein, sagte ich, aus sachsen kommt er ganz sicher nicht.
wtorek, 29 grudnia 2009
kolumbus nad wisłą
die bruecke beginnt direkt vor meinem fenster, aber ich habe sie noch nie betreten, ausser um zur haltestelle zu gelangen, von der die expressbusse in richtung innenstadt abfahren. die innenstadt liegt in westlicher richtung, die bruecke aber fuehrt in oestlicher richtung ueber die weichsel. nachts sehe ich von meinem fenster aus das beleuchtete band der strassenlaternen einen filigranen bogen ueber den fluss ziehen. tagsueber sehe ich die autos auf den sechs spuren aufgereiht wie die perlen auf einer kette. manchmal, wenn an einem winternachmittag die sonne schon tief steht, werfen die haeuser auf dem gegenueberliegenden ufer die letzten strahlen des abendlichts zurueck an mein fenster.
die bruecke ist fuer die autos gebaut worden. sie ist kein meisterwerk der architektur oder ingenieurskunst. sie ist nicht schoen, aber zweckmaessig: sie erfuellt ihre aufgabe, den motorisierten verkehr vom einen flussufer auf das andere zu befoerdern. an die fussgaenger ist gedacht worden, aber eigentlich sind sie im weltbild der bruecke nicht vorgesehen. die fussgaengerwege winden sich am rande der fahrbahn zwischen den verschiedenen zu- und abfahrten hindurch, und kurz bevor die bruecke sich ueber das flussufer woelbt, fuehren filigrane wendeltreppen hinab ins nirgendwo. als ich meinen weg ueber die bruecke antrete, bin ich der einzige mensch auf der bruecke. so muss sich kolumbus gefuehlt haben, als er richtung amerika in see stach. unter meinen fuessen treiben die letzten eisschollen den fluss hinunter, hinter meinem ruecken braust der verkehr. der gehweg ist vor den fahrzeugen durch eine doppelte leitplanke geschuetzt, aber ich bezweifle, dass diese wirklich einen lastwagen oder einen autobus aufhalten wuerden. was aber, wenn ein autofahrer den blick nicht vom panorama der stadt wenden kann, die unter den schnell ziehenden wolken sehr verheissungsvoll im abendlicht am horizont steht, greifbar nah?
auf der anderen seite des flusses finde ich das gleiche wirrwarr vielfaeltig verknoteten zu- und abfahrten, unter- und ueberfuehrungen und treppen vor, die im nirgendwo enden. in der mitte dieses spinnennetzes steht ein denkmal, eine weisse figur, ein mann, stoisch zwischen all den rasenden fahrzeugen und all dem laerm.
auf dem rueckweg kommt mir auf der anderen seite der bruecke ein fussgaenger entgegen. am liebsten moechte ich ihm zuwinken, ihn gruessen, weil auch er es gewagt hat, die reise ueber die bruecke, die reise in dieses unwirtliche zwischenland, in dieses fremde universum anzutreten. so muss sich kolumbus gefuehlt haben, als er auf dem rueckweg von amerika das erste spanische segelschiff erblickte. vielleicht ist das denkmal auf der anderen seite des ufers ja kolumbus gewidmet.
die bruecke ist fuer die autos gebaut worden. sie ist kein meisterwerk der architektur oder ingenieurskunst. sie ist nicht schoen, aber zweckmaessig: sie erfuellt ihre aufgabe, den motorisierten verkehr vom einen flussufer auf das andere zu befoerdern. an die fussgaenger ist gedacht worden, aber eigentlich sind sie im weltbild der bruecke nicht vorgesehen. die fussgaengerwege winden sich am rande der fahrbahn zwischen den verschiedenen zu- und abfahrten hindurch, und kurz bevor die bruecke sich ueber das flussufer woelbt, fuehren filigrane wendeltreppen hinab ins nirgendwo. als ich meinen weg ueber die bruecke antrete, bin ich der einzige mensch auf der bruecke. so muss sich kolumbus gefuehlt haben, als er richtung amerika in see stach. unter meinen fuessen treiben die letzten eisschollen den fluss hinunter, hinter meinem ruecken braust der verkehr. der gehweg ist vor den fahrzeugen durch eine doppelte leitplanke geschuetzt, aber ich bezweifle, dass diese wirklich einen lastwagen oder einen autobus aufhalten wuerden. was aber, wenn ein autofahrer den blick nicht vom panorama der stadt wenden kann, die unter den schnell ziehenden wolken sehr verheissungsvoll im abendlicht am horizont steht, greifbar nah?
auf der anderen seite des flusses finde ich das gleiche wirrwarr vielfaeltig verknoteten zu- und abfahrten, unter- und ueberfuehrungen und treppen vor, die im nirgendwo enden. in der mitte dieses spinnennetzes steht ein denkmal, eine weisse figur, ein mann, stoisch zwischen all den rasenden fahrzeugen und all dem laerm.
auf dem rueckweg kommt mir auf der anderen seite der bruecke ein fussgaenger entgegen. am liebsten moechte ich ihm zuwinken, ihn gruessen, weil auch er es gewagt hat, die reise ueber die bruecke, die reise in dieses unwirtliche zwischenland, in dieses fremde universum anzutreten. so muss sich kolumbus gefuehlt haben, als er auf dem rueckweg von amerika das erste spanische segelschiff erblickte. vielleicht ist das denkmal auf der anderen seite des ufers ja kolumbus gewidmet.
sobota, 26 grudnia 2009
winda wigilijna II
vor dem fahrstuhl standen zwei aeltere herren, die mir beide die tuer aufhielten. ich drueckte auf die 4, die beiden herren auf die 12 und die 13.
- panowie tak wysoko mieszkają.
- no, zawsze tak jest: im starszej, tym wyższej się mieszka.
- tym bliżej nieba!
- no to świetne perspektywy! trzeba tylko wiedzieć, kiedy się przeprowadzić!
- panowie tak wysoko mieszkają.
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- tym bliżej nieba!
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czwartek, 24 grudnia 2009
winda wigilijna I
der briefkasten war leer, aber der nachbar hielt mir die fahrstuhltuer auf. ich stelle meine tueten und taschen ab und drueckte auf die 4, er auf die 2. der fahrstuhl fuhr los. der nachbar wies auf meine einkaufstueten:
- co to jest? jakieś fajne ciasto?
- niestety nie, jeszcze nie.
- a więc co to jest?
- proszę pana, to papier toaletowy.
- no... a jakieś winko będzie?
- będzie.
- co to jest? jakieś fajne ciasto?
- niestety nie, jeszcze nie.
- a więc co to jest?
- proszę pana, to papier toaletowy.
- no... a jakieś winko będzie?
- będzie.
środa, 23 grudnia 2009
karp polski
"makrelenfresser" schimpft owen meany im gleichnamigen roman von john irving auf die katholiken. obwohl den katholiken der verzicht auf fleisch zumindest zu bestimmten anlaessen nicht fremd sein sollte, reagieren sie im alltag doch eher befremdlich auf vegetarier. weihnachten aber oder jedenfalls heiligabend - wigilia - gibt es auf dem guten katholischen familientisch kein fleisch: pierogi ruskie zum beispiel heissen am 24. dezember pierogi wigilijne und sind grundsaetzlich vegetarisch. das sind sie sonst auch, das macht aber nichts. weil nach den regeln der katholischen theologie fisch aber kein fleisch ist, gibt es weihnachten natuerlich fisch, und das heisst karpfen. jedes weihnachten findet in polen ein grosses karpfensterben statt.
die zeitung hat in den wochen vor weihnachten mehrmals darueber berichtet, dass das polnische tierschutzgesetz jetzt auch für wirbeltiere im allgemeinen gilt. darunter fallen ausdruecklich fische, und demnach also auch karpfen. zwar muessen die sowieso an weihnachten sterben, aber nun ist es verboten, sie davor noch unnoetig leiden zu lassen. das bedeutet unter anderem ausreichend grosse schwimmbecken mit entsprechender frischwasserzufuhr fuer die karpfen im supermarkt sowie auf dem transport und fuer die aufbewahrung zuhause. es ist nun zum beispiel verboten, den frisch gekauften karpfen in der plastiktuete nach hause zu tragen. weil das die ganze angelegenheit von karpfenkauf und karpfenaufbewahrung natuerlich erheblich verkompliziert, wird nun aus moralisch-ethischen und tierschutzgruenden in vorweihnachtlichen plakatkampagnen und adentssonntaeglichen happenings der verzehr von tiefkuehlkarpfen propagiert. nachfragepolitik ist das stichwort: wenn kein frischer, lebender karpfen mehr nachgefragt wird, dann wird es in den geschaeften bald keinen mehr geben. dafuer werden saemtliche tiefkuehlkarpfen einen professionellen, schmerzarmen, angenehmen, industriellen tod sterben.
als ich am 23. dezember im supermarkt das vegetarische bio-bigos fuer das weihnachtsessen erwerbe, schwimmt ein sehr einsamer polnischer karpfen in einer plastikwanne herum. 12,50 złoty das kilo. es ist nicht ersichtlich, ob es sich um den einzigen angebotenen oder den einzigen uebriggebliebenen handelt.
in der aktuellen mediamarkt-werbung gibt ein karpfen seinen kopf fuer die preissenkung bei den flachbildschirmen.
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poniedziałek, 21 grudnia 2009
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mein leben waere aermer ohne handy.
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sobota, 19 grudnia 2009
amerykanizm albo słowo o imperatywu
der winter war wieder da. es hatte geschneit, und das thermometer zeigte minus zwoelf grad, als ich morgens um neun am portier unseres hauses vorbeieilte. statt der gewohnten hoeflichen begruessung bekam ich nur befehlsartige einzelne worte zu hoeren: czapka! kaptur! zimno! wiatr!
ich blieb vor dem portierstresen stehen, setzte meine zwei oder drei kapuzen auf und salutierte pflichtschuldigst. to jakiś amerykański, no? fragte der portier. a dlaczego? fragte ich zurueck. bo w polsce nie salutuje się bez czapki. das war mir neu, aber ich wuerde es mir bestimmt merken.
am selben tag ging ich also nach der arbeit einkaufen und kaufte mir eine neue muetze. sogar mit schirm. aber als ich am abend nach hause kam, hatte ein anderer portier dienst, er sass ueber sein sudoku-heft gebeugt und nahm von mir und meiner muetze keine notiz.
ich blieb vor dem portierstresen stehen, setzte meine zwei oder drei kapuzen auf und salutierte pflichtschuldigst. to jakiś amerykański, no? fragte der portier. a dlaczego? fragte ich zurueck. bo w polsce nie salutuje się bez czapki. das war mir neu, aber ich wuerde es mir bestimmt merken.
am selben tag ging ich also nach der arbeit einkaufen und kaufte mir eine neue muetze. sogar mit schirm. aber als ich am abend nach hause kam, hatte ein anderer portier dienst, er sass ueber sein sudoku-heft gebeugt und nahm von mir und meiner muetze keine notiz.
piątek, 18 grudnia 2009
kobiety pod sejmem albo słowo o parytecie
ein paar tage spaeter war auf der strasse ploetzlich wieder trommeln zu hoeren. ich oeffnete das fenster und schaute hinaus. der verkehr rollte wie gewohnt, nirgendwo waren polizeiautos zu sehen. aber das trommeln war immer noch vernehmbar, und es wurde lauter. schliesslich sah ich sie: auf dem buergersteig zogen vielleicht zwanzig oder dreissig frauen und ein oder zwei maenner die strasse entlang, unter vielleicht zehn oder fuenfzehn weissen und orangen regenschirmen. auch sie zogen hinunter in richtung sejm. eine der frauen trug ein transparent: polska dla kobiet, kobiety dla polski, stand darauf, und: polska jest kobietą. zwei drei andere trugen orange kisten. vorneweg liefen zwei trommlerinnen in weissen overalls, sie tanzten fast ein wenig, was der manifestation etwas vom zug des rattenfaengers gab. niemand, so schien es, nahm von ihnen notiz.
die zeitung schrieb am naechsten tag, die frauen haetten 70.000 von 120.000 unterschriften fuer die einfuehrung der paritaet auf den wahllisten an den vorsitzenden des sejms uebergeben. die unterschriften freilich waren keinesfalls paritaetisch: drei viertel von ihnen waren unterschriften von frauen.
die zeitung schrieb am naechsten tag, die frauen haetten 70.000 von 120.000 unterschriften fuer die einfuehrung der paritaet auf den wahllisten an den vorsitzenden des sejms uebergeben. die unterschriften freilich waren keinesfalls paritaetisch: drei viertel von ihnen waren unterschriften von frauen.
czwartek, 17 grudnia 2009
proletariuszy wszystkich krajów
rewolucja, rewolucja! rief der mann an der ampel,an der ich auf dem weg zur bibliothek auf gruen wartete. am anfang waren sie nur zu hoeren. es knallte und trommelte, sirenen heulten, pfeifen traellerten. dann sperrten polizeiautos die strasse ab, und dann konnten wir sie endlich auch sehen. die demonstranten zogen unter den rot-weissen transparenten der gewerkschaft solidarność, im geheul der sirenen und dem knallen der feuerwerkskoerper mitten auf der strasse laermend und fahnenschwenkend zum sejm hinunter. rechts und links davon rannten reporter und kamerateams die strasse hinauf und hinunter, sie hielten mikrofone in die luft und schossen fotos. hier kamen die arbeiter und forderten, was ihnen zustand, arbeit und brot und eine rentenversicherung. revolution lag in der luft. wir standen im geoeffneten fenster des instituts, ich winkte den demonstranten zu, ein paar von ihnen winkten zurueck, kein fotoreporter machte ein bild davon. meine gedanken kreisten um das buendnis von arbeiterschaft und intelligenz, an dem so viele revolutionen und aufstaende gescheitert waren. wir haetten auf die strasse eilen und molotow-cocktails in die geoeffneten fenster des instituts werfen muessen, um arm in arm mit den arbeitern vor das parlament zu ziehen und endlich endlich gerechtigkeit auf erden zu erkaempfen .... ich seufzte, und du lachtest mich aus.
hinter den letzten demonstranten raeumten ordnungshueter die strasse auf. wo war die muellabfuhr gewesen in russland 1905 und 1917, beim sturm auf das winterpalais und an bord der aurora? fragte ich mich. die ordnungshueter sammelten taschentuecher, schokoladenpapier, abgebrannte feuerwerkskoerper und weggeworfene pamphlete. so sah die macht nicht aus, die auf der strasse lag. ich machte das fenster zu und dann noch einen kaffee. es wurde wieder ruhig. eine stunde spaeter zogen dieselben demonstranten leise und unauffaellig auf dem buergersteig die strasse wieder hinauf, mit abgeschalteten megaphonen und zusammengerollten fahnen. sie hatten nichts zu verlieren, ausser ihre ketten, aber marx war schon lange, lange tot.
hinter den letzten demonstranten raeumten ordnungshueter die strasse auf. wo war die muellabfuhr gewesen in russland 1905 und 1917, beim sturm auf das winterpalais und an bord der aurora? fragte ich mich. die ordnungshueter sammelten taschentuecher, schokoladenpapier, abgebrannte feuerwerkskoerper und weggeworfene pamphlete. so sah die macht nicht aus, die auf der strasse lag. ich machte das fenster zu und dann noch einen kaffee. es wurde wieder ruhig. eine stunde spaeter zogen dieselben demonstranten leise und unauffaellig auf dem buergersteig die strasse wieder hinauf, mit abgeschalteten megaphonen und zusammengerollten fahnen. sie hatten nichts zu verlieren, ausser ihre ketten, aber marx war schon lange, lange tot.
poniedziałek, 14 grudnia 2009
cywilizacja oświetlona albo słowo o śląsku
... wir haben im fernsehen gesehen, dass warschau ganz wunderbar beleuchtet ist - es muss sooooo schoen sein. aber wir hier in unserem vom kohlestaub umhuellten alltag, koennen uns solch schoene dinge nur im fernsehen anschauen. aber wenigstens koennen wir traeumen von reisen nach warschau oder vielleicht sogar in den westen, wenn wir weihnachten unsere verwandten besuchen...
(brief einer freundin aus schlesien)
(brief einer freundin aus schlesien)
piątek, 11 grudnia 2009
słowo o klimacie
die weihnachtsbeleuchtung war feierlich eingeschaltet worden mit einer ganz besonderen veranstaltung, nun leuchtete und strahlte die ganze innenstadt in gelb und rot, lichter hingen in den baeumen, an den haeusern und laternen, so dass einem ganz warm ums herz wurde. nur beim gedanken an die klimaerwaermung wurde einem gleich wieder ganz kalt.
ocieplenia klimatu między ludźmi wuenschte die gazeta wyborcza zum advent. das zweigradziel zu erreichen, es wuerde in beiden faellen an ein wunder reichen.
ocieplenia klimatu między ludźmi wuenschte die gazeta wyborcza zum advent. das zweigradziel zu erreichen, es wuerde in beiden faellen an ein wunder reichen.
środa, 9 grudnia 2009
jarmark bożenarodzeniowy
dass weihnachtsmaerkte inzwischen eine gesamteuropaeische erscheinung sind, verwundert wohl niemanden mehr. man koennte sie fuer ein sehr intelligent gestaltetes instrument zur staerkung einer gesamteuropaeischen identitaet und gemeinschaftsgefuehl halten, dass vor allem darauf beruht, dass weihnachtsmarktbesucher ueberall im europaeischen ausland, egal woher sie kommen, sich sofort heimisch fuehlen, weil alles genauso ist, wie sie es von zuhause kennen. sicherlich gibt es eine eigens zu diesem zweck geschaffene und hochkaraetig besetzte kommission der europaeischen union, die, mit eigenen haushaltsmitteln versehen und von saemtlichen mitgliedsstaaten dotiert, ausschliesslich damit beschaeftigt ist, die weihnachtsmaerkte in deutschland und frankreich, polen und spanien, schweden und italien so aehnlich und wiedererkennbar wie nur moeglich zu gestalten. dadurch gelangen die einheimischen wie die auslaendischen besucher der weihnachtsmaerkte in der gesamten europaeischen union unausweislich zu der ueberzeugung, dass die kulturellen unterschiede so erschreckend gross nicht sein koennen und dass angesichts dieses gemeinsamen kulturellen erbes ein uebersteigerter nationalismus voellig unangemessen ist. so entsteht: eine europaeische buergergesellschaft aus dem geiste des weihnachtsmarktes.
poniedziałek, 7 grudnia 2009
migawka roku albo mikołaje we wszystkich kolorach
ich hatte gar nicht daran gedacht, dass nikolaus war. aber es war sonntag, zweiter advent und sechster dezember. dem rynek von wrocław war das zunaechst nicht anzumerken, weihnachtsmann und nikolaus standen hier eintraechtig nebeneinander von ende november bis anfang januar. das war nich weiter der rede wert. erst als wir den marktplatz hinter uns liessen und um die ecke einer kirche bogen, kamen uns zweifel an dieser feststellung. hinter der kirche standen um die zwanzig mikołaje und mikołajki in rot und rosa. pinke nikolaeuse - darunter weibliche - waren in polen tatsaechlich nicht zu erwarten gewesen. sie laechelten uns freundlich zu, waehrend sie die stiefel schnuerten und die muetzen richteten. dann nahmen sie am strassenrand stehende schilder und formatierten sich zu einer art manifestation. auf den schildern stand in pinker farbe "centrum handlowe magnolia". ein wenig enttaeuscht gingen wir weiter. vor der naechsten kirche standen um die fuenfzig bis hundert mikołaje, diesmal ausschliesslich in rot und saemtlich motorisiert. das heulen der motorraeder uebertoente fast die kirchenglocken - offenbar hatten die nikolaeuse eine spezielle messe abgehalten, bevor sie in alle richtungen und auf der route 66 davonfuhren, um den kindern im ganzen land die stiefel mit schokolade zu fuellen. aus motorradhelmen wurden uns bonbons und toffis angeboten. wir dankten artig. ich hatte die kamera in der hand, als ein nikolaus in voller montur, mit weiss-roter muetze und schwarzer sonnenbrille, an uns vorbeifuhr. es wurde der schnappschuss des jahres.
środa, 2 grudnia 2009
jeszcze dalej niż wschód
nach einer osteuropaeischen hauptstadt kann die ostdeutsche provinz einen kulturschock bedeuten. der zug war voellig ueberfuellt, die menschen im abteil lasen schwedische krimis, die sich millionenfach verkauft hatten, oder hoerten, unter ihren kopfhoerern gluecklich grinsend, zu laute und zu unmelodische musik. ihre weichen stimmen mit dem ganz eigenen, lange vergessenen zungenschlag sangen, klingelten und hallten einem in den ohren. das weltbewegendste ereignis war der weihnachtsmarkt.
am hauptbahnhof der oertlichen hauptstadt war ein einziger geldautomat verfuegbar. er versteckte sich in einer ecke des zugangs zur tiefgarage, der ein wenig lieblos zur einkaufspassage ausgebaut war. die ortsansaessige bevoelkerung schien ihn aber zu kennen, denn soviel laufkundschaft gaben parkhaus und einkaufspassage mit blumenladen, imbiss und asia-markt auch am freitagabend nicht her. an der schlange kam eine grossmutter vorbei, das enkelkind an der hand: schau mal, und hier stehen die leute nach geld an. genau so wie frueher im osten, haette ich am liebsten erwidert, da haben die leute auch immer nach irgendwas angestanden.
am hauptbahnhof der oertlichen hauptstadt war ein einziger geldautomat verfuegbar. er versteckte sich in einer ecke des zugangs zur tiefgarage, der ein wenig lieblos zur einkaufspassage ausgebaut war. die ortsansaessige bevoelkerung schien ihn aber zu kennen, denn soviel laufkundschaft gaben parkhaus und einkaufspassage mit blumenladen, imbiss und asia-markt auch am freitagabend nicht her. an der schlange kam eine grossmutter vorbei, das enkelkind an der hand: schau mal, und hier stehen die leute nach geld an. genau so wie frueher im osten, haette ich am liebsten erwidert, da haben die leute auch immer nach irgendwas angestanden.
wtorek, 1 grudnia 2009
odchodzi rok, przychodzi ksiądz
sms von der mitbewohnerin: ksiądz po kolędzie mnie zaskoczył...!
das innere woerterbuch hat keine uebersetzung fuer kołęda anzubieten - es findet sich nur kolacja, kolega, kolejka. das passt alles auch in deklinierter form nicht wirklich.
sms an die mitbewohnerin: nie mam pojęcia o co chodzi ale mam nadzieję że to nie karaluch...!
das zumindest war nicht der fall. aber die aushaenge waren der schluessel zur loesung des raetsels.
sms von der mitbewohnerin: nie to ksiądz taki z kościoła katolickiego, odwiedza co roku swoich wiernych. przeczytaj kartkę na drwziach windy!
normalerweise blieb keiner der aushaenge an den fahrstuhltueren unbemerkt. auch wenn anmeldungen fuer nummerierte parkplaetze hinter dem haus oder die abzaehlung der gaszaehler ausschliesslich andere betrafen, gelesen wurden sie alle. diese eine war aber uebersehen worden. das kleine blatt papier an der fahrstuhltuer kuendigte fuer 16.00 uhr die kolęda des priesters fuer die stockwerke I-VIII an. das woerterbuch zuhause bot fuer kolęda an: weihnachtslied, sternsingen, sowie seelsorgerischer hausbesuch des priesters in der weihnachtszeit. dieser bestand aus segnung der wohnung oder des hauses, gemeinsamem gebet der familie mit dem priester und einer spende fuer die kirche. notwendig waren dazu vorbereitungen: ein tisch mit weisser tischdecke, weihwasser zur segnung, und geld im haus. przynajmniej 100 złotych, bo wstyd dać mniej.
bericht der mitbewohnerin ueber den besuch des oertlichen priesters:
- przymuje pani księdza?
- ale nie jestem przygotowana.
- to może póżniej?
- proszę księdza, ja wychodzę akurat na angielski, a moja wspóllokatorka jest niewierżąca!
am naechsten tag kuendigte ein neuer aushang an der fahrstuhltuer die kołeda des priesters fuer die stockwerke VIII-do końca an. bis zum bitteren ende, ging es mir durch den kopf beim gedanken an die bewohner der oberen etagen. ob es angemessen war, zu sagen: gott stehe ihnen bei?
merke: polen ist ein katholisches land. einmal im jahr kommt der priester ins haus, und die schamgrenze liegt bei 100 złoty.
das innere woerterbuch hat keine uebersetzung fuer kołęda anzubieten - es findet sich nur kolacja, kolega, kolejka. das passt alles auch in deklinierter form nicht wirklich.
sms an die mitbewohnerin: nie mam pojęcia o co chodzi ale mam nadzieję że to nie karaluch...!
das zumindest war nicht der fall. aber die aushaenge waren der schluessel zur loesung des raetsels.
sms von der mitbewohnerin: nie to ksiądz taki z kościoła katolickiego, odwiedza co roku swoich wiernych. przeczytaj kartkę na drwziach windy!
normalerweise blieb keiner der aushaenge an den fahrstuhltueren unbemerkt. auch wenn anmeldungen fuer nummerierte parkplaetze hinter dem haus oder die abzaehlung der gaszaehler ausschliesslich andere betrafen, gelesen wurden sie alle. diese eine war aber uebersehen worden. das kleine blatt papier an der fahrstuhltuer kuendigte fuer 16.00 uhr die kolęda des priesters fuer die stockwerke I-VIII an. das woerterbuch zuhause bot fuer kolęda an: weihnachtslied, sternsingen, sowie seelsorgerischer hausbesuch des priesters in der weihnachtszeit. dieser bestand aus segnung der wohnung oder des hauses, gemeinsamem gebet der familie mit dem priester und einer spende fuer die kirche. notwendig waren dazu vorbereitungen: ein tisch mit weisser tischdecke, weihwasser zur segnung, und geld im haus. przynajmniej 100 złotych, bo wstyd dać mniej.
bericht der mitbewohnerin ueber den besuch des oertlichen priesters:
- przymuje pani księdza?
- ale nie jestem przygotowana.
- to może póżniej?
- proszę księdza, ja wychodzę akurat na angielski, a moja wspóllokatorka jest niewierżąca!
am naechsten tag kuendigte ein neuer aushang an der fahrstuhltuer die kołeda des priesters fuer die stockwerke VIII-do końca an. bis zum bitteren ende, ging es mir durch den kopf beim gedanken an die bewohner der oberen etagen. ob es angemessen war, zu sagen: gott stehe ihnen bei?
merke: polen ist ein katholisches land. einmal im jahr kommt der priester ins haus, und die schamgrenze liegt bei 100 złoty.
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