niedziela, 17 stycznia 2010

aniołowie z katowic

es gibt menschen, die sagen, man solle sich seine traeume erhalten, indem man sie sich nicht erfuellt. ich glaube, es sind sehr weise menschen, die sehr viel, vielleicht das entscheidende, vom leben verstanden haben. dennoch kann ich mich manchmal nicht entschliessen, auf die erfuellung zumindest einiger meiner traeume zu verzichten. vielleicht habe ich angst, sonst das traeumen zu verlernen.

auf einer reise im herbst kam ich das erste mal durch schlesien. mein zug fuhr nachts, draussen war es dunkel, eine unverstaendliche stimme sagte im lautsprecher den naechsten bahnhof an. katowice. ich hob den blick - und hielt den atem an. aus dem dunkel eines verregneten novemberabends hob sich in kuehnem schwung das bahnhofsdach in den himmel, gegossen in den verheissungsvollen beton der siebziger jahre, erfuellt mit allen versprechen einer besseren, sozialistischen zukunft und erleuchtet von der blauschillernden leuchtschrift des bahnhofsrestaurants. mein herz zog sich zusammen, hier war es, das tor zum paradies, hier standen die engel wacht, die engel des herrn, die engel von katowice, die nachts mit ihren blauen feuerschwertern ueber das bahnhofsdach tanzten wie ueber einen laufsteg...
der zug fuhr wieder an, das blau erleuchtete bahnhofsdach verschwand in der dunkelheit, aber in mir blieb der wunsch zurueck, eines tages in katowice auszusteigen, und sei es nur, um meine fuesse ein einziges mal in diesen bahnhof zu setzen.

vier monate spaeter ging mein traum in erfuellung. der himmel war tief verhangen. es hatte geschneit, der zug fuhr durch eine weisse landschaft, in katowice aber war der schnee laengst grau geworden. aus der naehe sah der bahnhof nicht mehr so verheissungsvoll aus, dem beton war anzusehen, dass er all die versprechen der siebziger jahre, die versprechen ewigen fortschritts und einer strahlenden zukunft nicht hatte halten koennen. das bahnhofsrestaurant war geschlossen und leer, es hinterliess den eindruck von trostlosigkeit und enttaeuschung. es war kein wunder, dass auch die engel von katowice laengst weitergezogen waren. wir liefen durch die stadt und suchten sie, aber sie waren schon lange, lange fort. das bahnhofsdach war ein trauriger fluegelabdruck ihrer aufenthalts, sie hatten hier nichts mehr verloren.
der rest der stadt war wenig bedeutsam. wir liefen die verlassene fussgaengerzone hinauf und hinunter, warfen einen blick auf die kirche und auf das museum und beschlossen, etwas trinken zu gehen. dein zug ging zuerst, ich brachte dich zum bahnsteig, du winktest, da fand ich die angefangene flasche in meiner tasche. abends alleine auf bahnhofsvorplaetzen puren alkohol zu trinken, fand ich aber eine deprimierende vorstellung. ich zuendete mir eine zigarette an und liess den uebriggeblieben rum fuer die engel von katowice zurueck, sollten sie doch noch einmal zurueckkommen und nachts ueber das bahnhofsdach tanzen...

als der zug anfuhr, fragte ich mich, ob mein leben nun um einen traum aermer geworden war.

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