poniedziałek, 19 kwietnia 2010
niedzielne widowisko albo piknik pogrzebowy
am sonntag war der plac piłsudskiego verlassen, geblieben waren nur einige absperrgitter, zwei leinwaende und eine lange reihe nun unbenutzer chemietoiletten. "dienstlich" stand in grossbuchstaben auf einer von ihnen. vor dem sofitel hingen die flaggen unveraendert auf halbmast. der grosse altar, wo am vortag die offizielle gedenkveranstaltung und die anschliessende trauermesse stattgefunden hatten, lag nun verlassen in der sonne, geblieben waren das weisse, schimmernde kreuz und unmassen von blumenschmuck. es war der erste wirklich warme furehlingstag. was haette man sagen sollen auf die frage, warst du denn nicht da? was sollte man tun, wenn man zum ersten mal seit jahren bedauerte, keinen fernseher zu besitzen? und wann sonst hatte man schon die gelegenheit, unter den augen der soldaten, die in galauniform das grab des unbekannten soldaten bewachten, auf dem gepflegten rasen des plac piłsudskiego in der sonne zu liegen? es war ein sonntagsspaziergang, es war ein picknickausflug, es war die letzte pflicht in dieser woche. es war wie immer ein etwas makabres unterfangen, besonders die eigene teilnahme daran, fuer die man gute ausreden suchte und fand, und penetrant blieb der unangenehme nachgeschmack, so penetrant wie die unzaehligen fotoapparate, die scheinbar auch des allerletzten restes von anstand verlustig gegangene reporter durch die gegend trugen mit indiskreten objektiven, dem eigentlichen geschehen auf der leinwand den ruecken zudrehend auf der suche nach dem unuebertrefflichen motiv, dass erst die titelseiten der tageszeitungen schmuecken wuerde und dann die trauerchroniken und praesidenten-gedenk-editionen, die schon fieberhaft vorbereitet wurden in den redaktionen und druckereien. wiederholt ging mir die frage durch den kopf, ob es wohl eine gelaeufige abwandlung gab jenes vierzeiligen sinnspruchs, den ich mehr als einmal in meinem poesie-album stehen hatte, unterzeichnet von grundschullehrern und entfernten tanten: ehre die toten, denn...? vor leinwand auf der wiese sassen paerchen, junge familien, ein paar anzugtraeger, ein paar aeltere frauen mit klappstuhl und gehstock, kinderwagen und fahrraeder standen herum. ein staatsmann musste zu grabe getragen werden, ein verdienter um das vaterland, ein bester freund, liebevoller ehegatte, unersetzlicher vater, ein leuchtendes beispiel, und alle diese phrasen, die sich in ewiger wiederholung fast schon unterschiedslos aneinanderreihten. die entstehung eines helden, zum zuschauen, fast schon zum anfassen. da fand ich mich nun auf der trauerfeier eines menschen, der mir zum ersten mal tatsaechlich begegnete in den worten eines dozenten an der universitaet breslau nach der praesidentenwahl 2005: they are crazy, these guys! der mir wiederbegegnete in den zeitungsartikeln vor allem der taz, die mir ein freund fuersorglich ueber wochen nach polen schickte und in denen vor allem von kartoffeln die rede war, der spaeter mit dem unvergesslichen ausspruch "quadratwurzel oder tod" auch mir im gedaechtnis blieb, und den ich ein einziges mal tatsaechlich in persona gesehen hatte, an einem weiteren jahrestag einer weiteren tragischen niederlage dieses landes, als er in einer oeffentlichen rede das wort "ludobójstwo" sogar fuer auslaender verstaendlich und erkennbar in einem ueber alle massen fragwuerdigen zusammenhang verwendete. keine voraussetzungen, um sich persoenlich betroffen zu fuehlen. und nun sass ich auf einer wiese in der sonne und betrachtete auf einer leinwand den sarg dieses menschen von allen seiten, waehrend ein reporter in salbungsvollem ton aufzaehlte, welche internationalen staatschef anwesend waren und welche nicht. es war wieder so viel von tragik, unglueck, katastrophen, trauer, schmerz und unersetzlichem verlust die rede, dass alle diese worte sich zusammenfuegten in ein einziges ununterscheidbares einerlei, das klebrig die ohren verstopfte. und befremdlich war nun, die versammelten zu beobachten, die getreulich der liturgie folgten auf der leinwand, sassen, aufstanden, niederknieten, die haende falteten und den kopf senkten, dass unvermeidbar in meinem kopf die frage auftauchte, ob auch die zuhause gebliebenen in den bloecken am stadtrand vor dem schon etwas veralteten grundig-fernseher, zwischen sofa und couchtisch mit glasplatte jenem zeremoniellen reglement folgten, oder ob sie unbeteiligt und unbeobachtet nach zigarette, coladose und chipstuete griffen, als bestuende in der oeffentlichkeit die notwendigkeit, sich als guter christ zu zeigen und glaeubiger katholik, und ob nicht gerade dies einer profanisierung jener heiligen waende gleichkam, in denen sich normalerweise eine messe vollzog, und damit einem sieg des als so unheilig verschrienen mediums. so blieb ich beharrlich sitzen, und schliesslich war es zu spaet, sich doch noch zu erheben, als ich begriff, dass es zwei arten von liturgie gab, eine offensichtliche und eine eigentliche, geheime, die selbst die wenigen noch befolgten, die vordergruendig erhaben schienen ueber gewohnheit, tradition und guten ton, doch war mir, selbst wenn ich es gewollt haette, kein glaubensbekenntnis gelaeufig, und auch dieser moment ging vorueber. auf dem hoehepunkt der zeremonie brach die uebertragung ab, nach einigen sekunden kehrten das bild, nicht aber der ton zurueck, und nur das rascheln von taschentuecher war zu hoeren und das schluchzen der grauhaarigen frau neben mir, dessen gruende mir gerne bekannt gewesen waeren, waehrend die saerge schweigend aus der kirche getragen wurden und die beiderseits des kirchenportals stehenden soldaten salut schossen. sicherlich wuerden die zeitungen morgen schreiben, dass dies bewegende momente gewesen seien. schliesslich kehrte auch der ton zurueck, und die stimme des reporters begleitete den zug der saerge zur letzten ruhestaette mit zitaten aus der letzten rede des praesidenten, die zu halten er aber nicht mehr in der lage gewesen war. jenes selbstredende wort "ludobójstwo" wiederholte sich, und die rhetorische frage nahm ihm nichts von seiner fragwuerdigkeit, und da gab ich meinen strategisch guenstigen sitzplatz auf der gruenen wiese auf, mischte mich unter die spaziergaenger rechts und links der absperrungen, machte verstohlen die notwendigen bilder von altar, blumengestecken und leerer tribuene. dabeisein war alles. seine gedanken durfte man fuer sich behalten. in den zeitungen wurden schon die letzten und allerletzten begraebnisse angepriesen, auf denen man seine vaterlandsliebe noch ausleben und unter beweis stellen konnte, und laenger als vor dem praesidentenpalast waren die schlangen nun wieder vor den eislaeden am krakowskie przedmieście . am montag wuerden fuehrende soziologen gewisse ermuedungserscheinungen angesicht der schon einwoechigen staatstrauer feststellen. auch dazu brauchte es also experten.
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niedzielne widowisko albo piknik pogrzebowy: sonntagsspektakel oder begraebnispicknick.
OdpowiedzUsuńludobójstwo: voelkermord.